Hallo ihr Lieben,
im Rahmen der Blogtour zu “Toxin”, dem neuen Öko-Thriller der beiden Autorinnen Kathrin Lange und Susanne Thiele, welcher am 28.07.2023 im Bastei Lübbe Verlag erschienen ist, durfte ich ein kleines Interview zum Thema “Warum Thriller über Naturwissenschaften” führen.
Warum Thriller über Naturwissenschaften?
Was treibt euch als Autorinnen an?
Fragen an Kathrin Lange und Susanne Thiele
1. Warum schreibt ihr Thriller über „Naturwissenschaften“? Was treibt euch als Autorinnen an?
Das Interesse an den Naturwissenschaften ist das, was uns als Autorinnen zusammengeführt hat. Susanne ist studierte (Mikro)Biologin und Wissenschaftsjournalistin und Kathrin Schriftstellerin sowie (Hobby)Astronomie-Historikerin. Wir haben uns auf einer Autorennetzwerktagung kennengelernt und gleich beim Kaffee aus einer vagen Idee, die in Susannes Kopf war, gemeinsam den Thrillerplot von „Probe 12“ entwickelt. Und seitdem konnten wir nicht mehr aufhören, uns neue Geschichten und Abenteuer für unsere beiden Protagonisten, die Wissenschaftsjournalistin Nina Falkenberg und den Foodhunter und Abenteurer Tom Morell, auszudenken. Und ein paar Mikroben sind natürlich auch immer dabei und waren sogar namensgebend für unsere gemeinsame Webseite Mikroben und Sternenstaub: wwww.lange-thiele.de
2. Was hat den Wunsch Autorin zu werden / Biologin zu werden ausgelöst? Was bedeuten Naturwissenschaften für euch und was fasziniert euch speziell an den Themen „Seuchen“ und „Krankheitserreger“?
Kathrin: Ich schreibe eigentlich schon, seit ich in der Grundschule war, aber ungefähr mit 13, 14 Jahren wuchs in mir der Wunsch, Schriftstellerin zu werden. Als ich dann meine Liebe zur Astronomiegeschichte entdeckte, habe ich kurz überlegt, Astrophysik zu studieren, aber aus mehreren Gründen kam das für mich nicht infrage, also machte ich meine zweite Leidenschaft, die zu Büchern, zu meinem Beruf und wurde Verlagsbuchhändlerin. Eine Zeitlang arbeitete ich als Fachbuchhändlerin für Theologie (ein weiteres Interessengebiet von mir). Irgendwann entstand der Wunsch, selbst Bücher zu schreiben, und ab 2005 erschienen meine ersten astronomiehistorischen Romane bei Rowohlt. Mit der Engelmördertrilogie, die bei Aufbau erschienen ist, war ich zwar immer noch im Mittelalter unterwegs, aber diese Bücher hatten dann schon einen medizinischen Hintergrund. Es ging in ihnen um die Frühzeit der Anatomie. Und irgendwann folgten mit der Faris Iskander-Reihe dann politische Thriller.
Susanne: Bei mir war schon früh klar, dass ich Biologie studieren wollte. Ich bin sehr naturverbunden mit Garten und Tieren aufgewachsen und habe viel beobachtet und hinterfragt. Zuerst ging es in Richtung Lehrerberuf – das Erklären lag mir wohl schon immer gut ! Und später habe ich direkt in ein Studium der Biologie/Mikrobiologie gewechselt. Ich finde Evolution spannend wie einen Krimi, und speziell bei Mikroorganismen ist es die Faszination des Unsichtbaren. Wir können Mikroorganismen nicht mit bloßem Auge sehen und doch beherrschen sie die ganze Welt – sind wichtig für die Balance von Stoffwechselkreiskäufen in den Ökosystemen. Wenn wir Tiere aus ihren Habitaten vertreiben, können Erreger auf den Menschen wechseln und ein ganz schönes Chaos anrichten – wie wir bei der Corona-Pandemie gesehen haben. Leider haben Bakterien und Viren ein unglaublich schlechtes Image als Krankheitserreger. Deshalb kläre ich über die wichtigen und positiven Seiten von Mikroorganismen auf – seit 2014 in meinem Blog Mikrobenzirkus (www.mikrobenzirkus.com) oder in meinen Sachbüchern.
3. Warum heißt der Titel „Toxin“?
Susanne: In unserem Thriller geht es um ein Milzbrand-Toxin, also ein vom Erreger Bacillus anthracis produziertes giftiges Proteingemisch. Das Milzbrandtoxin eignet sich leider sehr gut als Biowaffe, wie ihr sicher aus den „Anthrax-Anschlägen“ in den USA 2021 wisst. Seine Wirkweise beim Menschen und der schwere Krankheitsverlauf sind gut erforscht. Was die wenigsten wissen: Das Toxin des Milzbrand-Erregers hat auch seine positiven Eigenschaften, wenn es einfach in menschliche Zellen eindringt. Wenn man es genetisch verändert, kann man es wie ein Taxi nutzen, um es mit Antikörpern gegen Tumore zu beladen und damit Krebszellen besser zu bekämpfen. Mit denselben Labortechniken werden Bakterien also entweder zu Heilmitteln oder Biowaffen. Das ist die oft diskutierte janusköpfige Forschung an Erregern, die auch in „TOXIN“ zum Konflikt führt.
4. Wieso ausgerechnet „Milzbrand“? Und was hat dieser mit dem Klimawandel und Permafrost zu tun? Stammen die ursprünglichen Ideen zum Roman aus Geschehnissen der letzten Jahre, die z. B. durch Ereignisse auf der Arbeit zusammenhängen?
Susanne: Ein realer Vorfall aus dem Jahre 2016 hatte bei uns die Thriller-Idee in Gang gesetzt. In einem heißen Sommer gab der Permafrost auf der Jamal-Halbinsel in Nordsibirien mit Anthrax verseuchte Rentierkadaver frei, die bei einer historischen Milzbrandseuche um 1945 verendet waren. Ein zwölfjähriger Junge verstarb an der Krankheit, um die 70 Menschen kamen in die Klinik und mehr als 200.000 Rentiere mussten vor Ort getötet werden, um die Seuche einzudämmen.
Das brachte uns auf die Frage: Wie real ist die Gefahr, dass der Klimawandel der Menschheit Krankheiten wiederbringt, die längst ausgerottet schienen?
Kathrin: Außer der Tatsache, dass Erreger aus den tauenden Permafrostböden wieder auftauchen können, bringt der Klimawandel auch noch andere Gefahren mit sich. Taut das Eis, werden die im Boden eingefrorenen Mikroorganismen aktiv und zersetzen das organische Material, Pflanzenreste oder Tierkadaver zum Beispiel. Dabei gelangen Treibhausgase wie Methan oder Kohlendioxid in die Atmosphäre und treiben ihrerseits den Klimawandel voran. Dieser Mechanismus gilt als einer der gefährlichsten Kipppunkte, die unserem Klima drohen könnten. Und nicht zuletzt werden die Böden instabil, wenn der Permafrost taut. Dann drohen Felsstürze, Gletscherlawinen – Straßen, Landepisten oder ganze Städte sind dann in Gefahr. Diese Situation findet Tom Morell in Alaska vor.
5. Wie war der Werdegang der Geschichte während des Schreibens? Welche Höhen und Tiefen habt ihr während des Schreibens von »Toxin« durchgemacht?
Kathrin: Die größten Probleme hat es uns bereitet, als wir den Schauplatz vom russischen Sibirien nach Alaska/ USA verlegen mussten. Der Beginn des Ukraine-Krieges und die sich daraus ergebenden politischen Unvorhersehbarkeiten zwangen uns dazu. Die 10 Stunden Zeitverschiebung durch die Verlegung der Szenen von Ost nach West (von Berlin aus gesehen) haben natürlich für massiven Ärger im Plot gesorgt. Da passten plötzlich Erzählstränge, die wir geplant oder gar schon geschrieben hatten überhaupt nicht mehr zusammen. Wir mussten die Timeline, das ist der zeitliche Ablauf der einzelnen Folgen, anpassen, was ziemlich viel Arbeit gemacht hat.
6. Und wie viel Recherchearbeit ging dem Roman voraus?
Susanne: Für TOXIN haben wir seit Ende 2021 recherchiert. Ich natürlich viel für den mikrobiologischen Part in Fachpublikationen oder durch Interviews mit Fachleuten. Dabei sind wir auch auf den Forschungsansatz einer neuartigen Krebstherapie basierend auf Anthrax (Milzbrand) gestoßen. Anthrax ist ja sonst eher im Zusammenhang mit Biowaffen bekannt.
Kathrin: Das ernste Thema Klimawandel war für uns beide in der Recherche insgesamt sehr komplex und ehrlich gesagt auch manchmal beängstigend – wenn man sich des Ernstes der Lage mit all diesen Kipppunkten, gesundheitlichen Auswirkungen etc. bewusst wurde. Und frustrierend, wenn man erzählen musste, wie wenig die Menschheit immer noch gegen die Entwicklung tut.
7. Mit welchen drei Adjektiven würdet ihr »Toxin« umschreiben?
hochaktuell, spannend, brandgefährlich
Was, wenn eine jahrhundertealte Seuche aus der Arktis zurückkehrt?
Als in Berlin Obdachlose an Milzbrand sterben, ist Wissenschaftsjournalistin Nina Falkenberg alarmiert. Die Fälle erinnern an ein Ereignis in Alaska vor 10 Jahren, als das Auftauen des Permafrostbodens einen tödlichen Erreger freisetzte. Ebenfalls in Alaska verschwindet Ninas Freund, der Milzbrand-Forscher Gereon Kirchner. Nina bittet ihren Bekannten Tom Morell, dorthin zu reisen und herauszufinden, was passiert ist. Schon kurz nach Toms Ankunft taucht in einem Eistunnel eine Frauenleiche auf. Ist Gereon schuld an ihrem Tod? Hat er gar mit dem qualvollen Tod der Obdachlosen in Berlin zu tun? Während Tom und Nina versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen, müssen sie begreifen, dass sie gegen einen sehr viel mächtigeren Gegner kämpfen, als sie dachten …
Coverabbildung und Inhaltsangabe: © Bastei Lübbe Verlag
Transparenz:
Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit den Autorinnen Kathrin Lange und Susanne Thiele.
Fotos: © Michèle Seifert | Elchi’s World of Books & Crafts
Cover und sonstige Grafiken: © Pressematerialien der jeweiligen Verlage, Autoren, Illustratoren und Cover-Designer