Hallo liebe Märchenfreunde,
ich war im Gespräch mit der Herrin der Wylden Jagd, unserer lieben Janna Ruth, die Autorin der märchenhaften Novelle von “Der Herr der wilden Jagd” und habe ein paar sehr interessante Dinge über sie und ihre Geschichte erfahren. Aber schaut selbst, was Janna uns zu dem Märchen “Brüderchen und Schwesternchen” und dem Mythos der wilden Jagd zu sagen hat.
#TeamWales
Interview mit Janna Ruth
Ab wann war dir bewusst, dass du Autorin werden wolltest? Was hat dich dazu bewegt?
Geschrieben habe ich ja schon immer und davon geträumt, dass Ashuan verfilmt wird oder ich “mal” ein Buch veröffentliche, hat sich ebenso lange gehalten. Aber so richtig bewusst geworden, im Sinne von “Ich habe hier ein tolles Buch und ich möchte, dass das veröffentlicht wird. Was muss ich als nächstes tun?”, kam im Jahr 2014, nachdem ich Far Beyond Reality geschrieben habe. Das Buch fühlte sich so gut und so wichtig an und außerdem hatte ich gerade gelernt, wie ich Bücher beenden kann, dass ich lernen wollte, wie man sie veröffentlicht.
Gibt es in deinen Büchern Parallelen zu eigenen Erfahrungen, die dich dazu inspiriert haben? Bzw. woher nimmst du deine Inspiration?
Ja, in nahezu jedem meiner Bücher steckt auch ein Teil von mir drin ist. Das ist manchmal deutlicher und manchmal weniger ersichtlich. Die Inspiration hingegen kann von nahezu allem kommen. Meinen eigenen Erfahrungen, (Tag)träume, überhörte Gesprächsfetzen, Tweets, Gerüchen, Zeitungsartikeln und vielen mehr.
Gibt es Autoren, die dir ein Vorbild sind oder dich inspirieren?
Ja, einige. Robin Hobb hat mir gezeigt, wie man charakterbezogene Fantasy schreibt, George R.R. Martin und andere komplexen, teilweise realistischen Weltenbau. Eileen Muellers Erfolg im Selfpublishing und die Menge an Recherche, die da im Vorfeld stattgefunden hat, ist enorm inspirierend. Ich könnte wahrscheinlich noch ewig weitermachen.
Wer sind die Helden deiner Kindheit? An welche Buchfiguren oder Filmfiguren hast du die meisten Erinnerungen?
Harka Steinhart Nachtauge aus die Söhne der Großen Bärin und Elli aus Alexander Wolkows Der Zauberer der Smaragdenstadt und Folgeromane waren so meine größten Helden. Wie oft habe ich die beiden gespielt oder mir Geschichten dazu ausgedacht? Später kam dann noch Atreju als erster Filmcrush hinzu. Ach und Alfred J. Kwak war mein TV-Held
Was fasziniert dich an Märchen?
Im Grunde eine Menge. Ich finde es zum Beispiel faszinierend, wie sich die selbe Geschichte in unterschiedlichen Regionen erzählt wird oder was die wahren Hintergründe sind. Dann ist auch die Einfachheit faszinierend, mit der eine Geschichte und teilweise eine Moral erzählt werden kann. Und zu guter Letzt finde ich es äußerst faszinierend, dass es so viele Märchenheldinnen gibt. Nichts von wegen hilfloser Prinzessin, wenn man von Schneewittchen und Dornröschen einmal absieht. Die meisten Märchenprinzessinnen haben es faustdick hinter den Ohren, sind aktiv und nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Und bei den armen Geschwisterpärchen? Ohne Schwesterchen sind die Brüderchen doch vollkommen aufgeschmissen (siehe Hänsel und Gretel, die sechs Schwäne, Brüderchen und Schwesterchen)
Was fasziniert dich am Mythos der wilden Jagd?
Die Personifizierung des Sturms. Ich finde es generell interessant, wie sich früher Naturphänomene durch Geschichten erzählt und erklärt wurden und in dem Fall ist es, dem angsteinflößendem Sturm eine Horde wilder Gestalten einzuflößen, die eigentlich für all den Lärm und Schaden verantwortlich sind.
Bei „Die Wylde Jagd“ handelt es sich ja um zwei Novellen zum Märchen „Brüderchen und Schwesterchen“ gepaart mit der Sage der Wilden Jagd. Wie kam es, dass Tina und du ein gemeinsames Projekt gestartet habt mit jeweils völlig unterschiedlichen Geschichten? Und wie seid ihr bei der Recherche dazu vorgegangen?
Die zwei Novellen sind Teil der Märchenspinnerei-Reihe “Licht und Schatten”, ursprünglich bekannt als “Das Gute und das Böse” vom Verlag-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf Sprich, die gesamte Märchenspinnerei hat sich in Paaren zusammengefunden, die sich jeweils ein Märchen vorgenommen haben, um es einmal aus Sicht der Antagonisten und dann aus der Sicht der Protagonisten zu inspirieren. Das erste Pärchen war Sylvia Rieß’ “Tränen der Sidhe” und Sabrina Uhlirschs “Herz der Sidhe”. Meine Idee war schon etwas älter als die Reihenidee, aber sie passte perfekt zu der Reihe und glücklicherweise fiel Tina was zum gleichen Thema ein, auch wenn ihr Setting komplett anders ist.
Wie war der Werdegang der Geschichte während des Schreibens? Welche Höhen und Tiefen hast du während des Schreibens von „Der Herr der Wilden Jagd“ durchgemacht?
Das Schreiben hat eigentlich kaum gedauert, vielleicht eine Woche? Ich plotte immer sehr ausführlich vorab normalerweise, aber wenn ich mich recht erinnere, dann habe ich beim Herrn der Wilden Jagd einfach mit der ersten Szene drauflosgeschrieben, dann kam mir die zweite und so weiter, bis ich irgendwann dann endlich feststeckte. Dann habe ich mir die Zeit genommen, den Rest zu planen und voilá! Man muss dazu aber auch sagen, dass das Schreiben nur der Anfang ist. Meine Novelle hat natürlich noch mehrere Überarbeitungsrunden von mir selbst, durch Tina und auch durch eine Testleserin, die sich konkret auf Dylans Autismus konzentriert hat, erhalten.
Wenn du einen Tag lang in deiner eigenen Geschichte verbringen könntest? Was würdest du gerne erleben?
Ich würde gerne selbst einmal versuchen, den Wind zu reiten.
Wie viel Einfluss hattest du bei der Mitgestaltung des Covers zu „Der Herr der wilden Jagd“?
Einiges. Den ersten Entwurf hatten wir zum Beispiel abgelehnt. Außerdem haben wir mit Anna intensiv Brainstorming betrieben, Vorschläge gemacht und dann auch quasi “editiert”. Außerdem stammt das Bild innerhalb des Herzens aus meiner Bildersuche. Die große Schwierigkeit war es tatsächlich, ein Cover zu finden, dass bei mir Naturromantik und bei Tina Urban Fantasy ausdrückt, deshalb mussten wir auch einige Kompromisse eingehen. Ein Einzelcover hätte tatsächlich wohl ganz anders ausgesehen und hätte womöglich auch auf die Personen verzichten können.
Wie sind die Protagonisten entstanden? Gab es für sie eine Vorlage oder haben sie während des Schreibens einen freien Willen entwickelt? Und haben die Namen eine bestimmte Bedeutung?
Sie sind aus der Vorlage entstanden: Brüderchen, Schwesterchen und der König. Vermischt mit der Wilden Jagd aus Wales mit Arawn und Matilda. Arawn stammt daher direkt aus der walisischen Mythologie. Bei den anderen beiden habe ich walisische Namen recherchiert. Dylan ist einfach so gewählt worden, aber als ich Carys gesehen habe, musste es der sein. Caris war nämlich lange Zeit mein Onlinename, nach Barbara Hambly’s (Stonne) Caris.
Was war bei „Der Herr der wilden Jagd“ die größte Herausforderung?
Mit Sicherheit Dylans Autismus so darzustellen, dass er realistisch ist, keine Allgemeingültigkeit für sich beansprucht und mit seiner Darstellung keine realen Autisten verletzt. Deshalb war es mir auch wichtig, eine autistische Testleserin mit dabei zu haben.
Wie lange hat es gedauert von der Idee bis zum fertigen Buch? Was gehörte neben dem Schreiben noch alles vor allem an Zusammenarbeit dazu bis es zur Veröffentlichung kam?
Etwas über zwei Jahre würde ich sagen. Die Idee hatte ich ja quasi direkt nach Im Bann der zertanzten Schuhe. Dann habe ich lange nichts damit gemacht, dann kam die Reiheneinladung, das Planen und das Schreiben. Überarbeiten, viel Wartezeit, in der der Verlag kollabierte und schließlich das selber in die Hand nehmen, lektorieren, Cover, korrigieren, Buchsatz, Marketing.
Welches ist dein Lieblingszitat oder deine Lieblingsstelle aus „Der Herr der wilden Jagd“?
Meine Lieblingsstelle ist Carys’ erste Jagd, bzw. der Kuss am Rand des Abgrunds. Da hatte ich gleich Bilder und Emotionen im Kopf. Mein Lieblingszitat ist aber von Matilda, wenn sie Carys sagt: “Du bist nur eine Blume, der sein Sturm die Blätter vom Leib reißt.” Ich freue mich immer, wenn Metaphern gelingen 😀
Wie dürfen wir uns deinen Arbeitsplatz vorstellen? Herrscht dort eher das „Kreative Chaos“ oder steht alles an seinem Platz und ist perfekt durchorganisiert?
Ich räume hin und wieder auf und dann stapeln sich die Notizbücher, Zettel, Tassen etc. doch schnell wieder. Inzwischen habe ich einen zweiten Tisch, der eigentlich zum Zeichnen ist, damit man nicht immer Tastatur etc. wegräumen muss, aber wenn ich da gerade so rüber sehe, ist vielleicht Platz für ein Post-it.
Kannst du uns schon verraten welche Projekte für die Zukunft geplant sind?
Es wird definitiv mit Ashuan weitergehen. Im Oetinger-Verlag erscheint im Frühjahr 2021 ein Jugend-Science Fiction Roman. Da gibt es bestimmt bald ein Lektorat für. Und dann schreibe ich natürlich an neuen Projekten. Dieses Jahr würde ich aber auch gerne im Englischen Markt vorstoßen. Auch da plane ich ein Buch für 2021, aber ob das bei einem Verlag erscheint oder nicht, entscheidet sich erst in den nächsten Monaten.
Wie wichtig sind dir Rezensionen? Liest du sie und wie gehst du mit Kritik um?
Ich lese sie alle! Mir sind sie wichtig, weil ich deshalb schreibe oder zumindest veröffentliche. Ich will meine Werke mit anderen teilen, ich lechze quasi danach zu erfahren, wie sie die Geschichte empfunden haben, am liebsten Szene für Szene. *lach* Aus dem Grund kann ich relativ wenig mit Rezensionen anfangen, die meinen Klappentext wiederholen, mir irgendeinen Schreibstil bescheinigen, sagen, dass ich gut ausgearbeitete Figuren habe und einen spannenden Plot (am besten noch mit Textbausteinen). Ich meine, das ist natürlich toll, aber ich will doch wissen, wie du Carys fandest, ob du wegen Dylans Behandlung wütend warst, was deine Lieblingsszene ist usw. Natürlich ist da immer ein gewisser Grad, ab dem es zum Spoiler wird. Deshalb schreibt mir das lieber persönlich
Insgesamt sind Rezensionen aber vor allem für die Leser wichtig. Darum geht es doch. Anderen Kunden einen Überblick über das Produkt zu verschaffen. Je mehr, desto besser wird dieser Überblick und überzeugt den Neukunden zuzugreifen.
Kritik. Ich habe “Glück”, ich erhalte immer recht gute Kritiken, was aber daran liegt, dass ich mir auch sehr kritische Testleser hole, von denen ich Kritik im Vorfeld bekomme, nämlich dann, wenn ich noch was am Text ändern kann. Nachträgliche Kritik kann hilfreich sein, indem sie Sachen aufzeigt, an denen man generell arbeiten muss, sie kann lediglich Geschmackssache sein und manchmal … manchmal ist es auch einfach so, dass ein Leser nicht verstanden hat, was da passiert ist und warum. Da muss man sich als Autor dann fragen: Ist das ein Einzelfall oder habe ich die betroffene Szene vielleicht nicht ausreichend gut geschrieben. Sind die Emotionen, die ich eigentlich beschreiben wollte, vielleicht zu subtil. Da ist das Problem dann nämlich meist ein ganz anderes als das, welches der Kritiker beschreibt, aber das kann der- oder diejenige ja nicht wissen. Generell ist Kritik meistens wertvoll, aber diese Aussage “Kritik ist gut, da können wir Autoren was von lernen” stehe ich inzwischen verhalten gegenüber, denn das trifft bei weitem nicht auf jede Kritik zu und ich bin noch nie durch meine Rezensionen gegangen und habe mir eine Liste der Kritikpunkte gemacht, um diese gezielt anzugehen.
Liebe Janna,
hab vielen lieben Dank für diese wirklich interessanten Antworten!
„Der Herr der wilden Jagd” – Janna Ruth
Zwei Geschwister
Ein Feenkönig
Eine tödliche Jagd
Wenn des Nachts die Dächer im Sturm klappern und die Cwn Annwn ihr unheimliches Geheul anstimmen, dann reitet der Feenkönig zur Jagd.
Carys ist gerade erst mit ihrem autistischen Bruder Dylan in den unberührten Norden von Wales gezogen, als ihr ein fürchterliches Unwetter das halbe Dach vom Haus reißt. Am nächsten Morgen steht Arawn vor ihrer Haustür: der Mann mit dem Sturm im Blick. Er lädt die Geschwister zur Wilden Jagd ein und während Dylan jeden Abend mit dem Wind rennt, verliebt sich Carys in den ungestümen Feenkönig. Bis sie selbst zur Beute wird.
Im »Der Herr der wilden Jagd« verwebt Janna Ruth das klassische Märchen von Brüderchen und Schwesterchen mit der walisischen Sage von der Wilden Jagd. Dabei entsteht ein wildromantisches Abenteuer um die Themen Freiheit, Fürsorge und Selbstbestimmung.
(Quellenangabe: Märchenspinnerei)
Janna Ruth
Tagsüber forscht Janna Ruth als Doktorandin der Geologie an den Plattengrenzen unserer Welt. Des Nachts erschafft sie ihre eigenen Welten, erdenkt komplexe Charaktere und bastelt umfangreiche Spannungsbögen. Im Zuge ihres Studiums ist Janna einst mit ihrem Mann ins ferne Neuseeland gereist und sechs Jahre dort geblieben, bevor sie 2015 nach Deutschland zurückgekehrt sind. Wenn sie nicht gerade mit dem Schreiben beschäftigt ist, spielt Janna gerne Rollenspiele, turnt im Cirque du Soleil-Stil am Vertikaltuch und interessiert sich für die Wissenschaftskommunikation. Mit ihrem Ehemann und ihren drei Jungs lebt sie nun in Potsdam, der Stadt der Schlösser und Parks.
Website der Autorin: https://www.janna-ruth.com/
Facebookseite der Autorin: https://www.facebook.com/authorjannaruth/
(Quelle Autorenfoto + Infos: https://www.amazon.de/Janna-Ruth/e/B06XB72MRM/, Foto: © Janna Ruth)
Märchenhafte Grüße
eure Elchi
Transparenz:
Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit der Autorin Janna Ruth.
Banner und sonstige Grafiken © Janna Ruth und © Märchenspinnerei